Mehr Insektenvielfalt im Garten und auf dem Balkon

Fördern wir eine Art, fördern wir viele arten

Schon seit längerem will ich die Liste der Insekten nachtragen, die sich hier auf dem Balkon ein Stelldichein gegeben haben, aber die ist etwas länger und an der Version bastel ich noch. Während es draußen dauerhaft stürmt und häufig schüttet, kann man sowieso nur in die Archivkiste greifen. Deshalb heute nur ein kleiner Ausflug in die Insektenwelt, genaugenommen in die Welt der Parasiten und Parasitoide.

Wo die Mauerbienen werkeln, hier die Rostrote Mauerbiene Osmia bicornis, sind die Freßfeinde nicht weit: Endoparasiten, Ektoparasiten, Brutschmarotzer, Brutparasiten, Raubparasiten…boah ey.

Die Tage dachte ich noch darüber nach, daß manchmal kritisiert wird, daß man mit den üblichen Nisthilfen für Wildbienen insbesondere die Arten fördert, die ohnehin nicht bedroht sind. Das mag sein. Irgendwo muß man ja anfangen, aber dann fiel mir ein, daß man damit zwar nicht die seltenen Arten so sehr unterstützt, aber die Insekten in ihrer Vielzahl! Denn jede Mauerbiene, die hier nistet, zieht einen Schwarm von Insekten nach sich, der sie, ihr Nest, ihre Eier oder ihre Larven parasitiert.

Schmalbauchwespen, Trauerschweber, Wollschweber, Taufliegen, Milben, Keulhornwespen u.a. vergehen sich nur allzugerne an den Wildbienen. Ich bin deshalb auch sehr gespannt, aus wievielen Niströhren wirklich Mauerbienen schlüpfen werden.

Die „Wildbienennassauer“ können Schmalbauchwespen Gasteruption assectator sein (hier schon fleißig an Niströhren unterwegs)

Trauerschweber Anthrax anthrax! Man lauert gerne auf dem Balkon rum… Anthrax kommt aus dem griechischen und bedeutet „Kohle“. Etwas angekokelt sieht dieser Typ ja aus…

Wollschweber Bombyliidae, gucken vorbei und naschen auch mal Nektar… Sie sehen zu putzig aus, wenn sie wie kleine Kolibris in einem Affentempo über der Erde schweben und von einer Stelle zur nächsten düsen.

Taufliegen Cacoxenus indagatorlümmeln grundsätzlich an den Niströhren rum, sobald die Bautätigkeit der Mauerbienen beginnt. Sie gehören zu den Drosophila, zu den Obstfliegen. Ausgewachsen kümmern sie sich um reifes Obst, ihre Larven futtern den Mauerbienen gerne ihren Pollenvorrat weg.

Milben und Keulhornwespen kann ich hier nicht bieten, dafür Goldwespen Chrysis ignita (?):

Goldwespen parasitieren neben Wildbienen, wie den Mauerbienen, auch noch Faltenwespen, hier zum Beispiel eine Feldwespe Polistes dominula

..und Grabwespen Ectemnius Crossocerus vagabundus, der Schnakenjäger(vermutlich). Die wiederum jagen meist eine spezifische Insektenart, um damit ihren Nachwuchs zu füttern. Diese hier stehen auf Schnaken, die sie letzten Sommer zigfach gefangen, abgeschleppt und in ihren Erdnestern versenkt haben. So sieht sie ja ganz unschuldig aus, aber..

…hier nicht mehr ;-) Der „Täter“ verbuddelt seine Beute.

Es ist also tierisch was los und ein Teil der hier gezeigten Vielfalt wird durch die Mauerbienennester angezogen. Also gibt es vermutlich nicht nur zig neue Mauerbienen, sondern auch einige Schmalbauchwespen, ein paar Trauerschweber, etliche Taufliegen und noch so manches mehr.

Für viele Menschen ist es natürlich unappetitlich, wie sich die Insekten gegenseitig parasitieren. Ich finde auch nicht alles so wahnsinnig , öh, hübsch, aber so ist alles wunderbar verzahnt und ein stetes und ständiges Gleichgewicht wird aufrechterhalten. Gibt es einmal mehr von den Bienen, gibt es wiederum mehr von den Freßfeinden und umgekehrt.

Ein fettes Jahr – für wen?!

Wer frißt wen oder was?

Ich hoffe, ich schreib hier nix falsches, aber für eine kleine Übersicht reicht es vielleicht. Im Grunde genommen habe ich es sehr vereinfacht dargestellt. Es gibt dann noch einige Differenzierungen. Zudem gibt es Parasiten, die sich um die Abfälle der Wirte kümmern

Endoparasiten: Parasiten leben im Körper des Wirts

Ektoparasiten: Parasiten leben an oder auf dem Wirt

Brutparasiten : Parasiten leben in den Nestern der Wirte, lassen sich u.U. von denen aufziehen, so wie beim Kuckuck oder essen einfach von den Nahrungsvorräten der Wirte mit

Raubparasiten: Parasiten fressen ihre Wirte schließlich auf. Oft werden diese möglichst lange frisch gehalten und ausgesaugt. Huaaa….

Nicht alle dieser Parasiten schädigen ihre Wirte komplett. Wird nicht zu viel vom Nahrungsvorrat weggefuttert, haben die Bienen eine Chance zu überleben (sie werden u.U. kleiner als normal). Auch bei den Milben sterben nur geschwächte Tiere bzw. die, mit einem zu starken Befall.

Dann mal viel Glück ihr kleinen Mauerbienen!

16 Kommentare Gib deinen ab

  1. WOW – da hast du dir ja eine Menge Arbeit gemacht! Respekt! Und danke!

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    1. pflanzwas sagt:

      Ich bin dabei nicht mal in die Tiefe gegangen, sonst würde der Beitrag noch länger und ne Woche brauchen. War ursprünglich auch gar nicht meine Absicht, aber dann fand ich es selbst sehr interessant. Freut mich, wenn es dir gefallen hat! LG

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  2. Hoch interessant. Ich habe immer das Gefühl, dass bei mir zwar auch einiges los ist, ich aber nicht alles mitbekomme.

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    1. pflanzwas sagt:

      Darauf kannst du wetten :-) Ich frage mich das auch zeitweilig, was sonst noch passiert. Eines Tages müssen wir noch ne Überwachungskamera vor dem Insektenhotel installieren ;-)

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  3. Nati sagt:

    Wahnsinn, dass es solche Unterschiede von Parasiten gibt.

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    1. pflanzwas sagt:

      …und es sind sicherlich noch ne Menge mehr. Ich fand es interessant, wieviele Parasiten sich allein schon auf die Mauerbienen stürzen. Aber das ist vermutlich oft so bei den Arten, die viele Nachkommen produzieren. So wie bei Mäusen. Die werden ja auch von einer Vielzahl an Tieren verspeist.

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  4. matthiasrutt sagt:

    Toll beschrieben, wie in der Natur alles miteinander verzahnt ist, und in dieser unglaublichen Vielfalt miteinander zusammen hängt. Und Schönheit? Liegt da beim fressen und gefressen werden jenseits unserer menschlichen „Kuschel-Kategorien“. Aber sie ist da, die Schönheit!

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    1. pflanzwas sagt:

      Das hast du wiederum schön gesagt! Danke :-)

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  5. bluebrightly sagt:

    You have so much knowledge of the insect world…I think the average person only recognizes the bigger ones, so it would be hard to get them to care about some of the tiny parasites – even the word „parasite“ has negative connotations. But like you say, it’s all a beautifully interlocking system, and the more you study it, the more complex and amazing it seems. Great close-ups!

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    1. pflanzwas sagt:

      Yes, parasite is not the most sympathetic connotation ;-) Some years ago I didn’t know anything about these guys either! It started with the bumblebees, then came the wild solitary bees and I am learning and learning so much about nature and insects on my little balcony. Maybe this is an inspiration for other people to take a closer look at their garden and plants and their visitors :-) It is exciting!! –
      It is raining for days now (stormy for 2 weeks) and there is no chance for taking pictures. So I looked into my archive. The first new bees from last week reminded me of all their „followers“ – haha! They are really followers :-) Yes, nature made it perfect…

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  6. Daniela sagt:

    Sehr interessant, was da so alles los ist auf deinem Balkon. Wir hatten ja die letzten Jahre „nur“ Hornissen, die dann alles andere verscheucht und aufgegessen haben. Nach drei Hornissenstichen sind wir allerdings nicht mehr ganz so begeistert. Mal sehen, ob sie wiederkommen..

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    1. pflanzwas sagt:

      Hallo Daniela, Hornissen sind sicherlich spannend, wenn sie friedlich bleiben. 3 Stiche ist schon ordentlich. Liegt das Nest so ungünstig? Oder sie können euch „nicht riechen“?? Gegen Wespen hatte ich mal gehört, soll Zitronenduft helfen. Vielleicht gibt es sowas auch bei Hornissen? Na, dann wünsche ich für dieses Jahr mal andere, harmlosere Gäste :-) LG, Almuth

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  7. kowkla123 sagt:

    Insekten haben einen großen Anteil an der Erhaltung unserer Natur, alles Gute für dich, ansonsten, es kann wettermäßig nur schöner werden, freue mich schon auf nächste Woche

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    1. pflanzwas sagt:

      Ich mich auch. Hier ist gerade Land unter!! Ich will doch noch mal meine Krokusse blühen sehen :-)

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