Reise mit kleinem und großem Getier

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Von W wie Wildbiene bis V wie Vogel

Nach langer Zeit war ich mal wieder weg. Wir haben einen Kurztrip nach Tangermünde* gemacht. Mir fällt es ja immer schwer, meinen üppigen Balkon sich selbst zu überlassen. Jemanden zum Gießen anzuheuern ist schwierig bzw. kaum zumutbar bei der Menge an Pflanzen. Jedenfalls im Hochsommer. Zuletzt war es eher kühl und so hat alles bestens geklappt, zumal wir nicht lange weg waren. Es war also ein bißchen eine Testreise.

Letztes Jahr sah ich einen Beitrag über Tangermünde im Fernsehen. Ich kannte den Ort nicht und war von dieser großen alten Stadtmauer so beeindruckt, daß ich gleich hin wollte. Tangermünde liegt an der Elbe und am gleichnamigen Elberadweg. Wir waren nun nicht mit dem Rad dort, obwohl das sicher auch eine schöne Tour ist. Das Wetter war wesentlich besser, als angedroht, anfangs sogar fast zu warm. Das Schönste war der fantastische Wolkenhimmel, den wir die ganze Zeit genießen durften. Einfach traumhaft.

Ich will euch hier nicht mit den klassischen Touri-Fotos langweilen ;-) Witzig war, daß mir in dieser schönen Stadt auf Schritt und Tritt Wildbienen begegneten. Es war schon etwas merkwürdig, daß ausgerechnet die mich auf dieser Reise begleiteten. Hinzu kamen viele Vögel, vor allen Dingen Schwalben und Störche (mit denen ich gar nicht gerechnet hatte).

Schon im ersten Café saß ich neben Glockenblumen und etliche kleine Glockenblumen-Scherenbienen wuselten zwischen den Blumen herum. Ich wollte allerdings nicht bodennah herumkriechen und Fotos schießen. Auf dem ersten Spaziergang durch die Stadt kamen wir an einem großen Beet mit Woll-Ziest Stachys byzantina vorbei. Ich erwartete Wollbienen Anthidium, denn die schaben gerne Pflanzenhaare von den flauschigen Blättern für ihr Nest. Stattdessen sah ich zuerst die Blauschwarze Holzbiene Xylocopa violacea. Die düste im Sauseschritt von Blüte zu Blüte. Und ich hatte endlich mal Gelegenheit, ausgiebig Fotos zu schießen, ohne daß sich unsere größte heimische Wildbiene gleich wieder vom Acker macht. Dafür hat der Ziest für sie wohl Suchtpotenzial ;-)

Was für schicke Flügel!

Die Weibchen werden bis zu 3 cm groß. Man ahnt es oder? Boah ey!!!

Und dann hielt ich natürlich noch Ausschau nach den Wollbienen und die flitzten dort auch herum, allerdings so schnell wie üblich, also zu schnell für die Fotografin…

Unterm Patenbaum habe ich ja auch ein wenig Woll-Ziest, aber wohl zu wenig, um Wollbienen anzulocken. In Tangermünde fand sich ein so großes Beet (und auch an anderen Stellen in der Stadt gab es Beete damit), daß offensichtlich unwiderstehlich war. Übrigens flogen die beiden Wildbienenarten bis zur Dämmerung an den Blüten!

Das fing ja gut an :-) Und dann die vielen Störche Ciconiidae! Und immer an so schönen illustren Stellen. Auf irgendwelchen alten Gemäuern, Giebeln, Turmspitzen. Und ihr Geklapper war die reinste Freude!

Storchengymnastik. Einmal schön das Bein durchstrecken bitte ;-)

Es gibt noch Reste einer Burg, allerdings wurde im Laufe der Jahrhunderte und Ereignisse (30jähriger Krieg, Stadtbrand) so viel zerstört bzw. verändert, daß es nur schwer erkennbar ist, was noch wirklich Originalzustand ist und was erneuert wurde. Nichtsdestotrotz haben die Bauwerke was.

Blick vom Kapitelturm hinunter in die verbliebene Schlossanlage mit Resten der (umgebauten / erneuerten) Burgmauer.

Die Burgmauer barg viele Geheimnisse, u.a. Wildbienen, lach! Und überall wuchs das niedliche Mauer-Zimbelkraut Cymbalaria muralis! Es machte seinem Namen alle Ehre.

Blick von der Burgmauer Richtung St. Stephan mit Mauer-Zimbelkraut im Vordergrund :-)

Leider gelangen mir bei den Lichtverhältnissen keine so guten Nahaufnahmen. Das hier ist noch die beste. Die Blüten sind so niedlich!

Für die interessierten sich auch Wildbienen. In den Öffnungen der Mauer, dort, wo die Fugen schon zerbröselten, baute eine Blattschneiderbiene ihr Nest. Gerade als wir die Aussicht genossen, verschwand eine, schwuppsdiwupps, mit einem Blatt in der Mauer (leider ohne Foto. Wäre ich alleine gewesen, hätte ich da noch ne halbe Stunde ausgeharrt ;-). Gleich daneben tankte eine Wollbiene am Zimbelkraut. Zu Hause dachte ich, ich hätte die gar nicht erwischt. Erst beim dritten Durchsehen der Bilder entdeckte ich sie im Hintergrund eines Fotos, wie sie davonfliegt.

Auch sonst wuchs dort viel Hübsches zwischen den Steinen. Daneben sieht man überall die langen Stengel des Zimbelkrauts. Das hat übrigens eine raffinierte Technik. Es verteilt seine Samen, aber ein oder zwei Samenkörner verbleiben in der Kapsel. Dann sucht sich der Stengel mit der Kapsel einen Weg in eine Mauerfuge oder eine andere Art Nische und sorgt so für einen guten Start für den letzten Samen, der mit großer Wahrscheinlichkeit in dieser Fuge keimen wird (genug Feuchtigkeit sowie ein möglicher Nährboden vermutlich). Witzige Methode oder? Das nennt sich negativer Phototropismus, d.h. der Pflanzenteil wächst vom Licht weg.

Der Blick vom Schlossberg in die Landschaft über Tanger und Elbe war immer wieder schön. Leider hatte ich zu dem Zeitpunkt keine Fotos gemacht.

Erst als wir wieder „unten“ in der Stadt waren. Ich sag ja, die Wolken, seufz…

Hier noch eine Abendansicht. In der Ferne sieht man die Türme des Klosters Jerichow.

So, mehr im nächsten Beitrag vom Wildlife in Tangermünde.

* Kaiser- und Hansestadt, nähe Stendal, in der Altmark

25 Kommentare Gib deinen ab

  1. Wunderbar natürlich allein schon das Flugbild !😀

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    1. pflanzwas sagt:

      Da habe ich mich auch gefreut :-)

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      1. So etwas begeistert mich immer wieder :-)

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        1. pflanzwas sagt:

          Ja, gerade die Schnappschüsse aus der Luft :-)

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  2. frauholle52 sagt:

    Da hast Du wirklich ein paar schöne Tage erlebt und ich merke mir diesen Ort für mich mal vor. Die Elbe ist mir ja vertraut.😊

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    1. pflanzwas sagt:

      Wie gesagt, die Wege und Straßen mit dem Kopfsteinpflaster sind teilweise sehr anstrengend zum Gehen. Aber die Stadt hat was. Am besten du reist gleich mit einem Boot über die Elbe an ;-)

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  3. Den Ausflug habe ich genossen, liebe Almuth. Die Stadtmauer ist wirklich sehr beeindruckend. Wie interessant, daß Dich die Architektur auf die Stadt aufmerksam gemacht hat, daß Du aber dann hauptsächlich von der Natur in der Stadt geschwärmt hast.

    Deine Beispiele beweisen, wie viele Lebewesen auch in einer Stadt unterwegs sind, ebenso wie auf Deinem wunderbaren Balkon. Vielleicht findest Du ja jemanden, der sich für den ebenso begeistert wie Du, so daß Du auch mal etwas länger verreisen kannst.

    Liebe Grüße,

    Tanja

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    1. pflanzwas sagt:

      Das mit dem Balkon wäre schön. Es kommt ja auch ein wenig auf die Witterung an. Wenn es ein heißer Sommer wird, muß man morgens und abends gießen. Auf der anderen Seite reisen wir ohnehin lieber im Frühjahr oder Herbst, aber auch da ist ja inzwischen alles möglich.

      Die Architektur war schon toll und beeindruckend. Tatsächlich habe ich gemerkt, daß ich mich an der Natur noch mehr erfreue. Die Städte sind natürlich immer faszinierend, aber irgendwie merke ich doch bei mir die Freude über die Natur, die Leichtigkeit und Entspannung :-) Eine Mischung aus Beidem wäre für mich vielleicht ideal. Lieben Dank und eine gute Woche für dich!

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      1. So erging es mir, als ich vor einigen Jahren in Berlin war. Obwohl ich viele historisch wichtige Orte besucht habe, hat mir meine Zeit am Wannsee bei der Vogelbeobachtung am besten gefallen und den tiefsten Eindruck hinterlassen.
        Aber du hast recht–eine Mischung ist gut, besonders wenn frau einen neuen Ort besucht.

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        1. pflanzwas sagt:

          Unser Herz hängt eben doch ein bißchen mehr an der Natur, als an den steinernen Denkmalen :-) Ich kann mich z.B. sehr für Architektur begeistern. Aber das nur oder hauptsächlich zu besichtigen, daß wäre heute nichts mehr für mich.

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  4. puzzleblume sagt:

    Das ist eine schöne Fotomischung von den alten Mauern und den pflanzlichen und kleinen tierischen Besonderheiten.

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    1. pflanzwas sagt:

      Danke. Das große Ganze war genauso spannend wie das Kleine :-)

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  5. Ule Rolff sagt:

    Ein typischer Almuth-Reisebericht! Ohne Bienen geht es nicht. Aber wer könnte schon bei Holzbienen die Kamera stecken lassen?
    Storchgeklapper ist wirklich eine besondere Freude, seit wenigen Jahren haben wir ein Paar hier im Dorf. Wenn ich sehe, wie die beiden abends über die Wiese am Bach waten, fühle ich mich in meine Kindheit versetzt.

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    1. pflanzwas sagt:

      Ein schöner Reim zur Einleitung und sehr passend, lach. Ich hatte es wirklich nicht drauf angelegt ;-) Schon lustig. Das alte Gemäuer bot so vielen Tieren Nistgelegenheiten. Auch Spatzen und Schwalben und eben auch Wildbienen. Ein Storchenpaar im Dorf klingt schön :-)

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  6. hanneweb sagt:

    Bezaubernd schöne Bilder sind das von der offensichtlich tierisch schönen Reise, liebe Almuth und auch der Blickwinkel zeigt eine tolle Dynamik bei den Insekten!
    Liebe Grüße, Hanne

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    1. pflanzwas sagt:

      Danke Hanne! Tierisch schöne Reise trifft es sehr gut :-) Natürlich haben wir uns auch an der Stadt erfreut, aber als Insekten- und Wildbienen-Nerd kamen mir die Begegnungen gerade recht. LG

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  7. Nati sagt:

    Ein Ort der mir bis zu deinem Bericht unbekannt war.
    Das Mauer Zimbelkraut habe ich letztes Jahr in Passau bewundert. Ein sehr schönes Pflänzchen.

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    1. pflanzwas sagt:

      Mir auch. Der Fernsehbericht hat mich sehr überrascht und meine Neugier geweckt. Es gibt auch noch ein Angermünde, daß liegt weiter im Osten. Es gibt sicher ganz viel, was wir nicht kennen. Umso schöner, wenn man mal zufällig auf was Neues gestoßen wird. Lustigerweise kennen ganz viele Menschen Tangermünde. Manche vom Elberadweg oder auch so. Wir waren jedenfalls ganz angetan. Der Elberadweg hat sicher auch seinen Reiz. Vielleicht machen wir das später mal.
      Ja, die Pflanze ist entzückend :-)

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      1. Nati sagt:

        Ich dann jetzt auch. Lach…
        Zumindest vom Namen her.

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        1. pflanzwas sagt:

          Es kommt noch ein bißchen was :-)

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          1. Nati sagt:

            Da bin ich gespannt.

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            1. pflanzwas sagt:

              Ist online :-) Ich bin heute aber nur kurz hier. Bis die Tage!

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            2. Nati sagt:

              Wie schön, da schaue ich dann Morgen rein. Einen schönen Rest Abend dir.

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  8. Sehr schöner Reisebericht. Das Flugbild ist super. Und die niedlichen „Mauerblümchen“ …

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